Donnerstag, 4. Juni 2009

Kindheit von Astrid Lindgren


"Es gibt kein anderes Kind, das mich inspirieren kann, als das Kind, das ich selbst einmal gewesen bin." (Astrid Lindgren)


Wenn man im Internet über biografisches und über die Kindheit von Astrid Lindgren recherchiert, steht immer etwas von Liebe, Glück und Geborgenheit in der Kindheit und von der gegenseitigen Liebe ihrer Eltern, die ein Leben lang währte, am Anfang der Berichte. Lindgren selbst betonte immer wieder, wie glücklich ihre Kindheit gewesen ist, und war fest davon überzeugt, dass diese glückliche Kindheit und die glückliche Ehe ihrer Eltern der Hauptgrund für ihren Erfolg waren. Zusätzlich wird auch darauf hingewiesen, dass ihre Eltern zwar viele Freiheiten erlaubten, aber auch konsequent Grenzen setzten und einen festen Rahmen vorgaben. Für damalige Verhältnisse – Lindgren wurde 1907 geboren – war dies ein Erziehungsstil, der seiner Zeit weit voraus war. Ebenso ungewöhnlich war damals sicherlich auch das besondere Verhältnis von Astrids Vater - Samuel August Ericsson – zu seinen Kindern (denn Männer entdeckten historisch gesehen nur sehr langsam ihre Vaterrolle). Er verteilte seine Liebe großzügig an die Kinder, erzählte Geschichten, herzte die Kinder, wann immer er Gelegenheit dazu fand. Aber lassen wir am Besten Astrid Lindgren selbst zu Wort kommen:

„Gunnar, Astrid, Stina und Ingegerd, so hießen die Ericssonskinder auf Näs. Es war schön, dort Kind zu sein, und schön, Kind von Samuel August und Hanna zu sein. Warum war es schön? Darüber habe ich oft nachgedacht, und ich glaube, ich weiß es. Zweierlei hatten wir, das unsere Kindheit zu dem gemacht hat, was sie gewesen ist – Geborgenheit und Freiheit. Wir fühlten uns geborgen bei diesen Eltern, die einander so zugetan waren und stets Zeit für uns hatten, wenn wir sie brauchten, uns im Übrigen aber frei und unbeschwert auf dem wunderbaren Spielplatz, den wir in dem Näs unserer Kindheit besaßen, herumtollen ließen. (…) Unsere Kindheit war ungewöhnlich frei von Rügen und Schelte. (...) Hannas Art der Kindererziehung war, so finde ich, recht großzügig. Dass man zu gehorchen hatte, war selbstverständlich, aber sie stellte nie unnötige und unerfüllbare Forderungen. So verlangte sie beispielsweise nicht, dass man unbedingt pünktlich zu den Mahlzeiten erschien . kam man zu spät, musste man sich selber etwas aus der Speisekammer holen. Ohne Vorhaltungen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie uns je Vorwürfe gemacht hätte, wenn wir mit zerrissenen oder beschmutzen Kleidern nach Hause kamen. Wahrscheinlich hielt sie solche Pannen, die im Eifer des Spiels passieren konnten. Für das gute Recht eines Kindes. Sie zeterte nicht über Missgeschicke, für die man nichts konnte. Wie zum Beispiel damals, als unsere jüngste Schwester auf den Küchentisch krabbelte und dabei die große Schüssel voll Blutgrütze umkippte. Kein Wort verlor Hanna darüber, sie wusch ihr blutverschmiertes Töchterchen, zog ihm sauberer Sachen an und gab uns zum Mittagsessen statt Blutgrütze etwas anderes. Diese Freiheit zu haben hieß aber keineswegs, ständig frei zu haben. Dass wir zur Arbeit angehalten wurden, war die natürlichste Sache von der Welt. (...)" (Lindgren, A. 1977: Das entschwundene Land. Friedrich Oettinger Verlag, Hamburg. S. 34ff)
Als Lindgrens Mutter gestorben war, fuhr ihr Vater fort sie zu lieben und von ihr zu sprechen. „Er tat es noch, als er 94 Jahre alt war und heiter und zufrieden in seinem Bett in dem Pflegeheim lag (…). »Du, Kind, eine solche Mutter, wie du gehabt hast!«, sagte er, als ich ihn zum letzten Mal besuchte. Ja, ganz gewiss habe ich das! Und einen solchen Vater! Mit einem so treu liebenden Herzen, einem bis in den Tod liebenden Herzen! (…) Ich kann sie beide vor mir sehen. Dort oben in den himmlischen Wohnungen. (…) Und er hält ihre Hände, so wie er es immer getan hat, und sagt mit seiner liebevollen Stimme: »Meine kleine Inniggeliebte, hier sitzen wir nun, du und ich, und haben`s schön.« Meine lieben Eltern! Euer Kind sendet euch hiermit seines Herzens demütigen und innigsten Dank für alles.“ (ebd., S. 38+39)


An nachfolgendem Zitat wird auch deutlich, wie Lindgren ihre eigenen Erfahrungen als Erwachsene weitergab und für diesen Erziehungsstil warb: "Freie und unautoritäre Erziehung bedeutet nicht, dass man die Kinder sich selbst überlässt, dass sie tun und lassen dürfen, was sie wollen. Es bedeutet nicht, dass sie ohne Normen aufwachsen sollen, was sie selber übrigens gar nicht wünschen. (...) Ganz gewiss sollen Kinder Achtung vor ihren Eltern haben, aber ganz gewiss sollen auch Eltern Achtung vor ihren Kindern haben, und niemals dürfen sie ihre natürliche Überlegenheit missbrauchen. Liebevolle Achtung voreinander, das möchte man allen Eltern und Kindern wünschen." (http://www.astrid-lindgren-zentrum.at/schule/lindgren.html)

Astrid Lindgren engagierte sich in ihrem Leben politisch gegen Krieg, gegen Kernkraftwerke, gegen zu hohe Steuern und arbeitete auch für den Tierschutz. Lindgrens Hauptsorge galt jedoch zeitlebens vor allem den von Erwachsenen bevormundeten und durch Krieg geängstigten Kindern dieser Welt. Als Mensch fällt sie durch ihre hohe Empathiefähigkeit, Fantasie und Kreativität, Durchsetzungsfähigkeit, Humor, Charme und Lebensfreude auf. Ihre Kindheit und ihr Leben sehe ich als großes Vorbild für eine menschlichere und friedlichere Zukunft.

siehe ergänzend zu diesem Beitrag auch Astrid Lindgrens Position "Niemals Gewalt"

5 Kommentare:

Laura hat gesagt…

ok obs mir hilfen wird ein Referat zu schreiben.....
Mal schauen

Anonym hat gesagt…

War es nicht Astrid Lindgren, die ihren Sohn in ein Heim gab und sich nicht um ihn kümmerte? Die Darstellung ist ein wenig arg "schwarz-weiß".

Sven Fuchs hat gesagt…

Sie gab ihn nicht in ein Heim, sondern zu einer dänischen Pflegefamilie. Zu dem Thema findet man mittlerweile etliche Informationen. 1926 wurde ihr Sohn geboren, sie war 18 Jahre alt und zudem mittellos, der Vater war wesentlich älter und zudem verheiratet. Wir reden hier über das Jahr 1926! Eine solche Situation ist damals nicht einfach, um es milde auszudrücken.

So weit ich mich erinnere, hat Astrid Lindgren selbst gesagt, dass sie zeitlebens bedauert hat, ihren Sohn die ersten Jahre in Pflege zu geben (wobei sie ihn auch besuchte). Ihr Mann wurde zudem zum Alkoholiker, ihren Sohn holte sie glaube ich mit drei Jahren zu sich zurück. Der Sohn bekam die Trinkerei des Mannes mit und wurde später selbst zum Trinker, er verstarb relativ früh. Das ganze ist eine sehr tragische Geschichte und Biografen vermuten, dass Lindgrens Schmerz darüber in vielen ihrer Bücher mit eingeflossen ist.

Eine glückliche Kindheit schützt nicht vor Unglück und falschen Entscheidungen (z.B. sich mit 17 auf einen älteren Mann einzulassen oder das Kind wegzugeben).
Trotzdem steht für mich fest, dass der positive und friedvolle Grundcharakter von Astrid Lindgren wesentlich durch ihre Kindheit mit beeinflusst ist.

Michael Kumpmann hat gesagt…

Also, ich weiß nichts über Astrid Lindgrens Leben, weshalb ich diese Aussage auch nicht bewerten kann. Aber mir ist auch aufgefallen, dass viele "Helden" unserer Gesellschaft ziemlich gruselige Eltern waren. Gutes Beispiel dafür ist auch Rousseau, der auch durchaus ein vernünftiges Erziehungsbuch schrieb, aber 4 uneheliche Kinder zeugte und diese ins Heim gab.

Michael Kumpmann hat gesagt…

Sorry Sven, wir haben scheinbar unsere Posts wohl Zeitgleich verfasst. Deshalb konnte Ich deins nicht sehen.