Dienstag, 18. Juli 2017

Gewalt gegen Kinder und Aufforderung zu kindlichem Gehorsam in der Bibel

Von mir aktuell wiederentdeckt: Eine von mir einst angelegte Sammlung von Zitaten aus der Bibel (sicher nicht vollständig), die für sich spricht.

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Einige Auszüge aus dem Alten Testament:

Misshandlung der Eltern:
Wer seinen Vater oder Mutter schlägt, wird mit dem Tode bestraft. (Ex 21,15)

Entehrung der Eltern:
Wer seinen Vater oder seine Mutter verflucht, wird mit dem Tod bestraft. (Ex 21,17)

Die Verfluchung der Eltern:
Jeder, der seinen Vater oder seine Mutter verflucht, wird mit dem Tod bestraft. Da er seinen Vater oder seine Mutter verflucht hat, soll sein Blut auf ihn kommen. (Lev 20,9)

Die Verstoßung eines Sohnes:
Wenn ein Mann einen störrischen und widerspenstigen Sohn hat, der nicht auf die Stimme seines Vaters und seiner Mutter hört, und wenn sie ihn züchtigen und er trotzdem nicht auf sie hört, dann sollen Vater und Mutter ihn packen, vor die Ältesten der Stadt und die Torversammlung des Ortes führen und zu den Ältesten der Stadt sagen: Unser Sohn hier ist störrisch und widerspenstig, er hört nicht auf unsere Stimme, er ist ein Verschwender und Trinker. Dann sollen alle Männer der Stadt ihn steinigen und er soll sterben. Du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen. (Dtn 21,18-21)

Die Warnung vor Verführung und Unerfahrenheit:

Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, / widersetz dich nicht, wenn er dich zurechtweist. (Spr 3,11)

Wen der Herr liebt, den züchtigt er, / wie ein Vater seinen Sohn, den er gern hat.  (Spr 3,12)

Die erste salomonische Spruchsammlung:

Wer Zucht liebt, liebt Erkenntnis, / wer Zurechtweisung hasst, ist dumm. (Spr 12,1)

Armut und Schande erntet ein Verächter der Zucht, / doch wer Tadel beherzigt, wird geehrt. (Spr 13,18)

Wer die Rute spart, hasst seinen Sohn, / wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht. (Spr 13,24)

Der Tor verschmäht die Zucht seines Vaters, / wer auf Zurechtweisung achtet, ist klug. (Spr 15,5)

Züchtige deinen Sohn, solange noch Hoffnung ist, / doch lass dich nicht hinreißen, ihn zu töten. (Spr 19,18)

Für die Zuchtlosen stehen Ruten bereit / und Schläge für den Rücken der Toren. (Spr 19,29)

Die Worte von Weisen / Mahnungen:

Erspar dem Knaben die Züchtigung nicht; / wenn du ihn schlägst mit dem Stock, wird er nicht sterben. (Spr 23,13)

Du schlägst ihn mit dem Stock, / bewahrst aber sein Leben vor der Unterwelt. (Spr 23,14)

Die zweite salomonische Spruchsammlung:

Rute und Rüge verleihen Weisheit, / ein zügelloser Knabe macht seiner Mutter Schande. (Spr 29,15)

Züchtige deinen Sohn, so wird er dir Verdruss ersparen / und deinem Herzen Freude machen. (Spr 29,17)

Missratene Kinder und unbelehrbare Toren:

Die trotzige (Tochter) bereitet dem Vater und dem Gatten Schande, / von beiden wird sie verachtet. (Sir 22,5)

Wie Musik zur Trauer ist eine Rede zur falschen Zeit, / Schläge und Zucht aber zeugen stets von Weisheit. (Sir 22,6)

Warnung vor Unzucht:
Jener wird auf den Straßen der Stadt verurteilt; / wo er es nicht vermutet, da wird er ergriffen. So auch die Frau, die ihren Mann verlässt / und von einem andern einen Erben zur Welt bringt (...) Sie wird vor die Gemeinde geführt / und ihre Kinder werden es büßen müssen. Ihre Sprösslinge werden keine Wurzel treiben / und ihre Zweige keine Frucht bringen. Ihr Andenken hinterlässt sie zum Fluch, / ihre Schande wird niemals getilgt. (Sir 23, 21-26)

Die Kinder:

Wer seinen Sohn liebt, hält den Stock für ihn bereit, / damit er später Freude erleben kann. (Sir 30,1)

Wer seinen Sohn in Zucht hält, / wird Freude an ihm haben und kann sich bei Bekannten seiner rühmen. (Sir 30,2)

Ein ungebändigtes Pferd wird störrisch, / ein zügelloser Sohn wird unberechenbar. (Sir 30,8)

Beug ihm den Kopf in Kindestagen; schlag ihn aufs Gesäß, solange er klein ist, sonst wird er störrisch und widerspenstig und du hast Kummer mit ihm. (Sir 30,12)

Auszüge aus dem Neue Testament:

Worte der Mahnung an die Getauften / Christliche Hausordnung:
Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem; denn so ist es gut und recht im Herrn. (Kol 3,20)

Der Brief an die Hebräer / Die Züchtigung als Zeichen väterlicher Liebe:

Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, / verzage nicht, wenn er dich zurechtweist. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; / er schlägt mit der Rute jeden Sohn, den er gern hat. Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet. Gott behandelt euch wie Söhne. Denn wo ist ein Sohn, den sein Vater nicht züchtigt? Würdet ihr nicht gezüchtigt, wie es doch bisher allen ergangen ist, dann wäret ihr nicht wirklich seine Kinder, ihr wäret nicht seine Söhne. Ferner: An unseren leiblichen Vätern hatten wir harte Erzieher und wir achteten sie. Sollen wir uns dann nicht erst recht dem Vater der Geister unterwerfen und so das Leben haben? (Hebr 12,5-9)

Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Schmerz; später aber schenkt sie denen, die durch diese Schule gegangen sind, als Frucht den Frieden und die Gerechtigkeit. (Hebr 12,11)

6 Kommentare:

flowerpot hat gesagt…

Ich hab die englische Biebel. Ich hab so etwas I'm gross noch nie gelesen.

Anonym hat gesagt…

Wie Menschen verachtend Luther war dürfte jedem der sich etwas mit ihm beschäftigte klar sein. Außer man will es nicht sehen. Dass sich diese Verachtung in seiner Übersetzung der Bibel teils wiederfindet, dürfte somit auch nicht verwundern. Es steht nicht umsonst geschrieben: Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund - in dem Fall die Feder - über.

Anonym hat gesagt…

Herr Fuchs,

weshalb wurde zu früheren Zeiten der Zusammenhang zwischen Schlägen in der Erziehung und späterer Gewalttätigkeit nicht erkannt ? In anderen Gebieten stehen ja teils in den gennannten Büchern Erkenntnisse die heute noch modern und tolerant erscheinen. Wie kommt dieser Widerspruch und woher wurde die Annahme gezogen, liebevoll und gewaltfrei aufgewachsene Kinder würden missraten ?

Sven Fuchs hat gesagt…

Ich bin fest davon überzeugt, dass die eigene "emotionale Blindheit" und das Ausblenden von Realitäten dafür verantwortlich sind. Dies steht wiederum in Verbindung mit eigenen Kindheitserfahrungen.

Ein Kind, das von den eigenen Eltern geschlagen wird (das waren im Grunde bis vor mehreren Jahrzehnten fast alle Kinder) muss, um zu überleben, psychische Abwehrstrategien anwenden.

Gerade die Bibel sagte den Eltern ja, dass es zum Wohle der Kinder sei, diese zu schlagen. Schlagende Eltern neigen genau zu dieser "Argumentation". "Ich strafe Dich, damit Du etwas lernst und weil ich Dich liebe".
"Perfekte" Grundlagen für Kinder, um dies in die eigene Abwehrstrategie zu übernehmen: "Papi und Mami lieben mich doch, sie wollen das Beste, die Gewalt ist gar keine Gewalt, es passiert mir nichts schlimmes, ich bin eh schuld und habe die Strafe verdient usw."

Zu sehe und zu fühlen, dass die Eltern ihr Kind schädigen (das etwas schlimmes mit einem passiert) und ihm etwas böses antun, wäre für das Kind im vollen Umfang unerträglich.

Leider verschwinden diese inneren Abwehrstrategien nicht einfach, wenn man erwachsen wird.
Und so bleibt dann auch die eigene Wahrnehmung verschwommen und Gewalt wird nicht als Gewalt erkannt, entsprechend werden auch keine negativen Folgen gesehen.

Das eigentliche "Wunder" ist, das es einige Gesellschaften geschafft haben, diese Gewalt gegen Kinder Stück für Stück zurückzudrängen, trotz der Historie der Kindesmisshandlung.


Anonym hat gesagt…

Woher besaßen diese Menschen aber die theoretische Kenntniss von Gut und böse ? Glaubenssätze wie "Seid barmherzig" oder "Liebe Deinen Nächsten" wurden in einem abstrakten Sinne sicher ähnlich verstanden wie heute. Nur in der Praxis wurde dieses Wissen halt häufig nicht praktiziert. Wenn ich die Botschaften der Bibel mit dem Vorgehen der Kirche ( Inquisition ) zu früheren Jahrhunderten vergleiche, sehe ich eine Ähnlichkeit zu Alice Miller ( als Mutter ) , nur dass sie ihre verbogenen Grundhaltungen nicht zwischen die Zeilen gepackt hat. Frau Miller selbst, wäre bspw meine Erachtens vermutlich eine bessere Mutter gewesen, wenn sie gern im Neuen Testament gelesen hätte, auch um die Augen für ihr praktisches Versagen in Erziehungsfragen zu öffnen.

Sven Fuchs hat gesagt…

Na jetzt wird es philosophisch :-)

Ich habe da auch keine Lösungen und abschließenden Erkenntnisse.

Ich sehe es aber so: Die Jäger und Sammler waren extrem von Kooperation und gegenseitigem Vertrauen abhängig. Sonst wäre das Überleben nicht möglich gewesen. Wir sind extrem soziale Wesen. Diese Grundlage haben alle Menschen in sich.

Sie müssen "gut" und "böse" nicht "herbeschreiben" durch z.B. die Bibel. Was zwischenmenschlich gut ist und böse ist, steckt tief in uns drin.

Leider führen Traumatisierungen und entsprechende psychische Reaktionen und Abwehrstrategien dazu, dass die Sicht auf sich selbst und die Welt "verschwommen" wird (und auch Jäger und Sammler waren schweren Traumatisierungen ausgesetzt), schlimmstenfalls nur noch "dunkel" oder extrem gespalten ist. Diese ist das Fundament für menschliche Destruktivität.

Durch das Lesen des Neuen Testaments mögen Anstöße kommen, aber Alice Miller war so schwer traumatisiert, dass ihr nur eine frühzeitige langjährige Traumatherapie geholfen hätte. Wenn alles gut gelaufen wäre (eine gelungene Therapie ist keine Garantie)