Donnerstag, 1. April 2010

Ja aber...

Meinen Text über Francos scheinbar glückliche Kindheit habe ich auch in einem Forum einer Zeitung gepostet. Ich bekam genau einen Kommentar, den ich allerdings interessant finde.

Im ersten Satz wurde mir zugestimmt. „Geliebte Kinder werden jeder Machtausübung misstrauen.“ Dann wurde aber auf so etwas wie eine „Besitzliebe“ gegenüber Kindern hingewiesen, die sich ja auch destruktiv auf die Entwicklung auswirken dürfte. „Die desolate unglückliche Kindheit muss nicht allein unbedingt Lehrstube künftiger Diktatoren sein“, heißt es dann im nächsten Satz und ergänzend wird auf ganz unterschiedliche, verschiedene Erziehungsstile hingewiesen. Dann wieder Zustimmung in der Form, dass man zwei mal schlucken musste beim Lesen des Textes und dann Erleichterung empfand, als ich den Spannungsbogen auflöste (also als ich klar machte, Franco war doch kein geliebtes Kind). Der letzte Satz weist dann wieder darauf hin, dass „noch eine ganze Menge anderer Faktoren eine (vielleicht größere) Rolle als die Erfahrungen der Kindheit“ spielen, damit jemand zum Diktator wird.
Dieses hin und her in Reaktionen auf das Thema ist mir schon öfter aufgefallen. Meistens jedoch erhält man gar keine Reaktion. Der obige Kommentator ist insofern schon eine Ausnahme, da er sich überhaupt äußert. Und trotzdem wirkt dieses „Es stimmt, nein es stimmt nicht, es stimmt, nein es stimmt nicht“ in seinen Worten. Dabei fällt auch ein Widerspruch besonders auf. Mit einem „Aber“ wird auf eine mögliche „Besitzliebe“ hingewiesen, um meinem Text etwas entgegenzusetzen. Dabei ist eine „Besitzliebe“ eben gerade keine Liebe, sondern bedeutet für ein Kind bereits eine Entwertung und psychische Gewalt. Das Verhätscheln von Kindern (auf diese „Liebe“ wollte der Autor denke ich u.a. hinaus) zeigt keine Liebe, sondern die Unfähigkeit der Erziehungsperson, sich in die eigentlichen Bedürfnisse von Kindern hineinzuversetzen und diese als eigene Person wahrzunehmen.

Das „ich musste zwei mal schlucken“ war Ziel meines Textes. Instinktiv wissen wir, dass eine liebevolle, geborgene Kindheit und späteres brutales Gewaltverhalten nicht zusammenpasst. Dieser Instinkt wird heute wissenschaftlich immer wieder bestätigt. Trotzdem wollen wir es irgendwie nicht wahrhaben. Und dies hat sicher immer auch etwas mit eigenen Verletzungen zu tun.

Reaktionen auf meinen Grundlagentext bekam ich in der Vergangenheit fast keine. Über 3 Jahre steht der Text schon online (zwei davon auf meiner alten Homepage) und die Online-Statistik zeigt mir, dass er oft gelesen wurde und wird. Vor ca. einem Jahr, als ich meine alte Homepage schloss, schrieb ich einfach mal alle möglichen Organisationen und Vereinigungen an, die mit dem Thema zu tun hatten. Friedensbüros, Kriegsgegner, Menschenrechtler usw. usf. und wies auf meinen Grundlagentext hin. Ein Kriegsursachenforscher fand das Kapitel über historische Persönlichkeiten und deren destruktive Kindheit aufschlussreich, ein Vertreter von Kriegsdienstverweigerern fand den Text unbedingt erhaltenswert und wichtig. Ansonsten herrschte Schweigen, keine Reaktion.
Nun könnte es daran liegen, dass ich Spinnkram schreibe. Dann verstehe ich die Nicht-Reaktion. Ich bin allerdings vom Typ her Realist und bei klarem Verstand. Was ich schrieb ist kein Spinnkram, sondern macht erschreckend Sinn. Sinn macht auch dieser Blog, solange, bis sich das Thema in dieser Art der Bearbeitung breiter Aufmerksamkeit erfreut. Dies alles ist eine Frage von Zeit. Ich bin vom Charakter allerdings sehr ungeduldig. Was mich manchmal etwas verzweifeln lässt. Nun, in einigen Jahren oder ein paar Jahrzehnten wird es immer weniger Skeptiker geben und es werden die wesentlichen psychohistorischen Kriegsursachen gesehen und verstanden werden. Alleine weil die Kindererziehungspraxis rasant fortschreitet, werden zukünftige Generationen mit weit aus weniger Angst und inneren Schrecken auf das Thema schauen können.

1 Kommentar:

somlu hat gesagt…

Ich kenne das, die mir besonders wichtigen Texte bleiben meist unkommentiert.

Ich habe mal in einem anderen Blog gelesen, dass dies damit zusammenhängen könnte, dass es zu solchen Texten wenig hinzuzufügen gäbe.

Ich habe heute durch die Leseempfehlung von monoma hier her gefunden und werde jetzt wohl regelmäßig mitlesen. Zum selbst Schreiben - zumindest, was die wichtigen Themen angeht - komme ich derzeit leider überhaupt nicht. Was wohl auch daran liegt, dass ich so einiges geschrieben habe, dass ich lediglich immerzu wiederholen könnte. Manchmal entdecke ich in anderen prominenteren Blogs Themen über die ich schon vor Jahren geschrieben habe, was wohl auch ein Hinweis darauf ist, dass sich bestimmte Inhalte immer weiter verbreiten.